Abstract: |
Mit dem Aufkommen von Smartphones im Jahr 2007 ¨anderte sich die Nutzung von Mobilfunkger¨aten dramatisch: Neben der urspr¨unglichen Anwendung zur Sprachkommunikation war nun eine erleichterte Nutzung des Internets m¨oglich, in dessen Folge auch Musik und Videos, welche hohe Anforderungen an die Datenrate stellen, ¨uberall zugriffsbereit wurden. Auch die Zahl der Smartphones hat sich seitdem stark erh¨oht. Im Gegensatz dazu steht die nat¨urliche Begrenzung des Frequenzspektrums vor allem bei niedrigen Frequenzen, das als wertvolle Ressource gehandelt wird: So wurden im Jahr 2000 in Deutschland UMTS-Lizenzen im Wert von insgesamt 50 Mrd. Euro von den Mobilfunkunternehmen ersteigert. Diese weisen die Spektralbereiche relativ statisch lizenzierten Nutzern zu, die nicht unabl¨assig aktiv sein m¨ussen. Daraus resultiert eine Unternutzung des Spektrums bei gleichzeitig steigenden Datenrateanforderungen und Nutzerzahlen, welche durch Messungen gut belegt ist [ALLP12]. Um die Effizienz zu erh¨ohen und das Dilemma aufzul¨osen, wurde das Konzept des Cognitive Radio (CR) entwickelt. Hier wird Sekund¨arnutzern (engl. Secondary Users) gestattet, in lizenzierten B¨andern zu senden und zu empfangen, in denen h¨oher priorisierte Prim¨arnutzer (engl. Primary User, PU) keine ¨Ubertragungen t¨atigen. Aus diesem Grund muss ein CR im ersten Schritt in der Lage sein die elektromagnetische Umgebung zu erfassen und Entscheidungen bez¨uglich der Belegung durch PUs zu treffen; es muss also kognitive F¨ahigkeiten aufweisen. Im zweiten Schritt m¨ussen Transceiverparameter, wie die Tr¨agerfrequenz, flexibel angepasst werden k¨onnen, um ¨Ubertragungen ¨uber einen weiten Bandbreitebereich zu erm¨oglichen. Als mit Abstand wichtigste Komponente von CR-Systemen stellt sich die Spektralsch¨atzung heraus, weil mit dieser die Belegung nach Frequenzen erfasst werden kann. Diese kommt dem Sinnesorgan des Systems gleich, f¨ur das ein Design in der Vorarbeit [Bec16] und im Rahmen des Projekts Kognitive Mediumszugangsalgorithmen f¨ur industrielle Funkanwendungen (KoMe), das unter anderem vom Bundesministerium f¨ur Wirtschaft und Energie gef¨ordert wird, erarbeitet wurde. Hier soll ein begrenztes Funkspektrum zur Kommunikation von verschiedenen Maschinen und Sensoren, die sich in einer Industriehalle befinden, kollisionsfrei genutzt werden, womit als weitere Anwendungsfelder von CR-Systemen Industrie 4.0 und das Internet der Dinge genannt werden k¨onnen. Bei der Spektralsch¨atzung ergeben sich große Herausforderungen: Es soll ein großer Bandbreitebereich auf ¨Ubertragungen hin untersucht werden, damit m¨oglichst viele ¨Ubertragungsm¨oglichkeiten, welche die sogenannten White Spaces darstellen, entdeckt werden k¨onnen und der Datendurchsatz steigt. Zugleich sollen nicht zu viele Komponenten eingebaut werden, die den Leistungsverbrauch erh¨ohen. Dadurch wird ein Analog-Digital-Wandler (engl. Analog-to-Digital-Converter, ADC) mit einer sehr hohen Abtastfrequenz, die oberhalb von 100 MHz liegen kann, erforderlich. Die mittlere notwendige Abtastrate und damit die hohen Anforderungen an den ADC k¨onnen aber mithilfe von Compressed Sensing (CS) gesenkt werden, da das Frequenzspektrum unternutzt und daher d¨unn besetzt (engl. sparse) ist. Die hiermit verbundene Kompression f¨uhrt jedoch zu einer Verringerung des Dynamikbereiches (engl. Dynamic Range, DNR), der in CR-Systemen m¨oglichst hoch sein sollte, um m¨ogliche Interferenzen zum Prim¨arnutzer sofort zu erkennen. In der Vorarbeit wurde zus¨atzlich ausgenutzt, dass die Spektralleistungsdichte einer ¨Ubertragung in einem Band als st¨uckweise konstant angesehen werden kann, und damit die resultierenden Kanten, deren Anzahl folglich noch geringer ist, eine noch h¨ohere Kompression selbst bei voller Belegung des Spektrums erm¨oglichen. An die Rekonstruktion des Spektrums aus den unterabgetasteten Messungen bei groben Frequenzaufl¨osungen, die eine schnelle Abtastung und Berechnungsdauer erm¨oglichen sollten, schließt sich im Design der Vorarbeit eine simple Mustererkennung an, um belegte Frequenzb¨ander zu erkennen. Erst werden mithilfe des Wavelet Edge Detector (WED) auf Basis der Kanten einzelne Bandbreitebereiche zugewiesen, die dann vom Energy Detector (ED) hinsichtlich ihres Inhaltes als belegt oder leer klassifiziert werden. Die theoretischen Grundlagen aus der Vorarbeit sind nochmals in Kapitel 2 zusammengefasst. In dieser Arbeit soll das Design des Spektralsch¨atzers um neue Aspekte erg¨anzt werden, die bisher noch nicht betrachtet wurden, und ¨uberpr¨uft werden, ob ein Einsatz unter realen und herausfordernden Bedingungen m¨oglich erscheint: So werden in Kapitel 3 die Ergebnisse aus der Vorarbeit, die nicht auf eine hohe m¨ogliche Kompression mithilfe der Kantenrekonstruktion hindeuten und das theoretisch vorhergesagte Verhalten nicht widerspiegeln, unter ver¨anderten Rahmenbedingungen auf den Pr¨ufstand gestellt. Weiterhin wird eine Analyse der Koh¨arenz der Abtastmatrizen vorgenommen, sodass die Frage beantwortet werden kann, ob Rekonstruktionsgarantien eingesetzt werden k¨onnen, um WED und ED auch bei Unterabtastung optimal einzustellen. Auch das Rauschen bei Einsatz von Power Spectrum Sensing, das sich grundlegend von dem normalerweise betrachteten unterscheidet, wird hergeleitet, um eine Absch¨atzung des Residuums des Standardgleichungssystems zu erm¨oglichen. Dieses kann genauso wie die ¨Anderung des Residuums f¨ur die Definierung eines praktischen Abbruchkriteriums, welches bis dato noch nicht vorlag, verwendet werden. Daraufhin wird das Signalmodell anhand des 2.4GHz-ISMBandes (Industrial, Scientific and Medical) ¨uberpr¨uft und die Leistungsf¨ahigkeit der Algorithmen bei Anwendung auf reale Signale erfasst. Als große Herausforderung der Spektralsch¨atzung kann der Einfluss des ¨Ubertragungskanals eingesch¨atzt werden, der detailliert hergeleitet und in Simulationen ¨uberpr¨uft wird, wobei die Idee des MIMO - Spectrum Sensing zur L¨osung der hier auftretenden Probleme vorgeschlagen wird. Dem letzten Teil des Namens dieser Arbeit wird gerecht, dass der Kanal aus der Ausbreitung der elektromagnetischen Strahlung in Raum und Zeit hervorgeht und zwei Kapitel diesen Dimensionen gewidmet sind: Dementsprechend wird in Kapitel 4 von der Annahme station¨arer Signale abger¨uckt und eine ¨Anderung von ¨Ubertragungen in der Zeit betrachtet. Zyklostation¨are Merkmale, die durch periodische ¨Anderungen in der Signalmodulation bedingt sind, k¨onnen zur Verbesserung der Detektionsraten im Vergleich zur Energy Detection genutzt werden, machen aber eine Modifikation des Standardmodells notwendig. Deswegen soll die Anwendbarkeit des popul¨aren Ansatzes der Cyclostationary Feature Detection (CFD) untersucht werden. Dadurch, dass Kanten in der Realit¨at durch Anfang und Ende von ¨Ubertragungen nat¨urlicherweise auch in der Zeitdimension auftreten, kann außerdem der neue Ansatz des 2D - Power Spectrum Sensing begr¨undet und den st¨uckweise-station¨aren Signalen Rechnung getragen werden. Das Potential zur nochmaligen Reduktion der Abtastrate wird mithilfe eines einfachen, aber realistischen Zeitmodells ermittelt. Auch Gedanken hinsichtlich der notwendigen bzw. erreichbaren Schnelligkeit und Effizienz der Spektralsch¨atzung werden dargelegt. Mit der Dimension Raum besch¨aftigt sich Kapitel 5: Es werden ausf¨uhrlich durch die Umgebung auftretende Effekte, wie Selective Fading und Log-normal Shadow Fading, erl¨autert, um die Herausforderungen aufzuzeigen, die mithilfe von Cooperative Sensing bew¨altigt werden k¨onnen. Hier kooperieren mehrere Nutzer miteinander, die sich in einem r¨aumlich verteilten Netzwerk befinden, sodass r¨aumliche Diversit¨at nutzbar wird. Verschiedene neuartige Ans¨atze, die auf dem Standardmodell dieser Arbeit basieren, werden erprobt und in einem herausfordernden ¨Ubertragungsmodell auf ihre Anwendbarkeit hin ¨uberpr¨uft. Da mit Cooperative Sensing Kommunikationskan¨ale umgesetzt werden, kann eine Nutzung dieser ebenfalls zum Zwecke einer Lokalisation und Sch¨atzung der Sendeleistung der Prim¨arnutzer vor dem Hintergrund einer Breitbandabtastung (engl. Wideband Sensing) erfolgen. Verschiedene Algorithmen zur Realisierung werden beschrieben und in Simulationen bez¨uglich des Anwendungspotentials, auch im Zusammenspiel mit der Spektralsch¨atzung, untersucht. In Kapitel 6 ist die Umsetzung der Spektralsch¨atzung in der Praxis mithilfe des Lyrtech-Hardware- Demonstrators beschrieben. Es werden Simulationen unter realem Hardware- und Kanaleinfluss vorgenommen, um die gemachten Annahmen in Bezug auf das Kanalmodell auf ihre G¨ultigkeit zu ¨uberpr¨ufen. Damit eine generelle Aussage ¨uber die M¨oglichkeit der Anwendung des implementierten Designs zur Spektralsch¨atzung erm¨oglicht wird, kommt auch eine selbst erstellte Emulation einer Breitbandabtastung zum Einsatz. Mit der Demonstration Wideband Sensing ist ein Test auf reale Signale des 2.4GHz-ISM-Bandes, und damit bei Ber¨ucksichtigung jeglicher Nichtidealit¨aten, m¨oglich. Zuletzt sind die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit in einem Fazit (Kapitel 7) zusammengefasst. |